Sprachspiel für Fortgeschrittene

Sprachspiel für Fortgeschrittene

Sprachspiel für Fortgeschrittene

Das Kölner KI-Unternehmen DeepL hat ein neues Sprachmodell für Übersetzungen vorgestellt. Die Lösung basiert auf einem spezialisierten Large Language Model (LLM), das mit proprietären Daten trainiert wurde; zusätzlich wurden tausende Sprachexperten zur Qualitätsverbesserung herangezogen.

Die DeepL-Übersetzungen haben nach Unternehmensangaben bei Blindtests deutlich besser abgeschnitten als Google Translate und ChatGPT-4, außerdem sei der Aufwand für die Nachbearbeitung deutlich geringer gewesen. Die neue Modellgeneration sei ein »Meilenstein« bei der Weiterentwicklung der DeepL-Übersetzungsplattform für Unternehmen, heißt es in einer Pressemitteilung.

DeepL gilt als eine der deutschen KI-Erfolgsgeschichten. Erst kürzlich konnte das 2017 gegründete Startup 300 Millionen Euro Risikokapital einsammeln, das Unternehmen wird mit zwei Milliarden US-Dollar bewertet und ist damit Deutschlands wertvollstes KI-Startup. Dabei kann man es erstaunlich finden, dass der Sprachtechnologie-Anbieter überhaupt noch existiert.

Schließlich können auch Google Translate, ChatGPT und andere Sprachmodelle Texte mittlerweile recht ordentlich übersetzen. Und doch schwören viele auf die besondere Qualität, Natürlichkeit und Zuverlässigkeit von DeepL-Übersetzungen. Aus der Geschichte lässt sich viel lernen – über Innovationsstrategien, den Nutzen von KI und das Medium Sprache selbst.

Die maschinelle Übersetzung galt lange Zeit als der Heilige Gral der KI-Forschung. Erst moderne Deep-Learning-Methoden auf der Basis neuronaler Netze brachten den Durchbruch. Die Übersetzungen von Google Translate und anderen Diensten wurden anfangs eher belächelt. Doch mit der Zeit wurde die Qualität immer besser und reichte schließlich für ein grobes Verständnis fremdsprachiger Texte aus. Niemand hätte sich vor einigen Jahren jedoch auf eine Übersetzung von Google Translate verlassen.

Bei DeepL hat man früh verstanden, dass es bei Übersetzungen wesentlich auf den Anwendungskontext ankommt. Um den Inhalt einer fremdsprachigen Website zu erfassen, reicht eine holprige Übersetzung aus. Im Unternehmenskontext hingegen kann ein falsches Wort einen Kunden vergraulen, eine undiplomatische Formulierung die Geschäftsbeziehung zerrütten, ein konfabulierter Satz zu Klagen führen. DeepL setzte daher von Beginn an darauf, seine Sprachlösungen auf die besonderen Bedürfnisse von Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen auszurichten.

Die menschliche Sprache ist weit mehr als ein statistisches Phänomen. Es geht nicht nur darum, das wahrscheinlichste nächste Wort vorherzusagen, wie es ein großes Sprachmodell wie ChatGPT tut. Die Bedeutung eines Wortes liegt in seinem Gebrauch, schrieb der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Wie wir Sprache verwenden, welche »Sprachspiele» (Wittgenstein) wir spielen, hängt vom jeweiligen praktischen Kontext ab.

Sprache ermöglicht es uns, miteinander zu kommunizieren, Informationen zu übermitteln und unser Handeln mit anderen abzustimmen. KI-Übersetzungen können helfen, Sprachbarrieren zwischen Menschen zu überwinden; das kann von unschätzbarem Wert für geschäftliche und andere Beziehungen sein. Sprache ist aber auch ein sensibles, kulturell geprägtes Medium, in dem oft Nuancen darüber entscheiden, wie etwas verstanden wird.

Übersetzung ist eine Frage des Vertrauens, vor allem in einer Welt voller Krisen. Eine Übersetzungs-KI, die für kulturelle Unterschiede unempfänglich ist, könnte dieser Welt sogar gefährlich werden. Auch deshalb ist wichtig, dass wir das Übersetzen nicht den US-Techgiganten überlassen. Die sprachliche Vielfalt gehört zur kulturellen Identität Europas. Schon deshalb sollte Europa bei Sprachtechnologien weiterhin eine führende Rolle spielen.

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