Prof. Daron Acemoglu
Institute Professor Department of Economics Massachusetts Institute of Technology (MIT)
Die atemberaubenden Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz, insbesondere der generativen KI, sorgen für große Aufregung und Ängste. Eine häufige Frage lautet: Was bedeutet die KI für unsere Arbeitsplätze? Was wird sie für die Kultur, die Gesellschaft, die Demokratie und das soziale Leben bedeuten? Ich glaube nicht, dass das die richtigen Fragen sind. Oder — mit anderen Worten: KI wird das tun, was wir ihr vorgeben zu tun.
Es gibt eine falsche Vorstellung, die ihren Ursprung in der Tech-Welt und bei den von der Tech-Industrie inspirierten öffentlichen Intellektuellen hat. Danach folgt die KI einem vorbestimmten, unaufhaltsamen Weg: Man kann sie nicht aufhalten, selbst wenn man es versuchte – und es wäre ohnehin unklug, dies zu tun. Nach dieser Vorstellung muss die Gesellschaft also einfach akzeptieren, was die KI ausspuckt — ob es sich nun um Arbeitslosigkeit, gigantische soziale Ungleichheiten, Filterblasen, Überwachung oder das Ende echter Sozialer Netzwerke handelt. All diese Dinge sind unvermeidlich, erzählt man uns, und dass es sich in den meisten Fällen um vorübergehende Kosten handelt, da es bald bessere Dinge geben wird, die die alten ersetzen.
Meiner Meinung nach ist jeder Teil dieses Arguments falsch. Der Weg der KI ist nicht vorbestimmt. Wir können ihn ändern, wenn wir wollen. Ich glaube sogar, dass der derzeitige Weg in eine katastrophale Richtung führt, so dass wir ihn ändern müssen, um echte gesellschaftliche Vorteile aus dieser neuen Technologie ziehen zu können — und um große sich anbahnende Probleme zu vermeiden.
Kurz, ich glaube, dass sich die derzeitigen KI-Technologien in eine antihumanistische Richtung bewegen. Dazu gehören die Entmachtung der Menschen, die Intensivierung der Überwachung, die Automatisierung der Arbeit, ohne neue Aufgaben für die Arbeitnehmer zu schaffen, das Befrieden der Zivilbevölkerung und das Schwächen demokratischer Beteiligung.
Wir stehen an einem Wendepunkt. Es geht jetzt darum, eine neue Vision einer menschenfreundlichen KI zu formulieren. Der Kern dieser Vision besteht darin, anzuerkennen, dass menschliche Fähigkeiten einzigartig und wertvoll sind, und dass Maschinen und Algorithmen dazu da sein sollten, den Menschen zu helfen, ihre Potenziale zu verbessern. Innerhalb dieser humanistischen Vision hat es Priorität, für Arbeitnehmer neue Aufgaben zu schaffen, Arbeitnehmer und Bürger zu stärken und Menschen bessere Informationen zur Entscheidungsfindung und kulturellen Wertschöpfung zur Verfügung stellen. Diese humanistische Vision muss mit der Verpflichtung einhergehen, dass der Mensch das Steuer in der Hand behält.
EN Original:
There is tremendous excitement and a lot of concern about breathtaking developments in artificial intelligence, and especially generative AI. A common question is: what will AI do to jobs? What will it do to culture, society, democracy and social life? To me, these are not the right questions. Or to put it differently, AI will do what we choose to make it do.
The conceit, originating in the tech world and public intellectuals inspired by the tech industry, is that there is a preordained, unstoppable path of AI. You cannot stop it if you tried, and it would be unwise to do so anyway. So society just has to take what AI dishes out — whether it is joblessness, gargantuan inequalities, filter bubbles, surveillance and the end of real social networks. All of these things are inevitable, we are told, and in most cases, they are transitional costs, since there will be better things to replace the ones we have lost.
I believe every part of this argument is wrong. The path of AI is not preordained, and we can change it if we want. In fact, I believe that the current path of AI is going in a disastrous direction, so we must altar it for deriving true societal benefits from this new technology — and avoid major problems that are brewing.
In a nutshell, I believe the current AI technologies are moving in an anti-humanist direction. This involves disempowering people, intensifying surveillance, automating work without creating new tasks for workers, pacifying citizens, and weakening democratic participation.
This is a turning point for articulating a new vision of pro-human AI. The crux of this vision is to recognize that human skills are both unique and valuable and machines and algorithms should be there to help humans improve and achieve their potential. This humanist vision involves prioritizing the creation of new tasks for workers, empowering workers and citizens, and improving the information that humans have for decision-making and cultural enrichment. It must be coupled with a commitment to keeping humans in the driving seat.