Ein Nobelpreis ist immer auch ein Signal, das über die individuelle wissenschaftliche oder kulturelle Leistung hinausgeht. Die Auszeichnung lenkt die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Themen, die als besonders wichtig oder zukunftsweisend wahrgenommen werden. Im Falle der Nobelpreise für den »Deep Learning«-Pionier Geoffrey Hinton (Physik) sowie die »Google DeepMind«-Forscher Demis Hassabis und John Jumper (Chemie) ist die Botschaft klar : Künstliche Intelligenz ist im Herzen der modernen Wissenschaft angekommen.
Das Signal ist wichtig gerade in einer Phase der KI-Ernüchterung, in der viele an den hochfliegenden Versprechungen der Tech-Konzerne zu zweifeln beginnen. Die beiden Nobelpreise verleihen der KI-Forschung eine wissenschaftliche Dignität, die auch auf Politik und Gesellschaft aussstrahlt. Dahinter steckt jedoch mehr als bloß die Wertschätzung für ein relativ junges Forschungsgebiet. Es ist auch die Anerkennung der Tatsache, dass KI die Wissenschaft selbst verändert.
Das zeigt sich am deutlichsten am Chemie-Nobelpreis für die KI-gestützte Vorhersage der dreidimensionalen Proteinstruktur, die das Verständnis von Krankheiten revolutionieren könnte. Das »AlphaFold«-Projekt von Google DeepMind hat bereits weit über 200 Millionen solche Strukturen entschlüsseln und damit praktisch alle bekannten Proteine. Menschen wären mit einer derart komplexen Aufgabe natürlich heillos überfordert.
Das Beispiel AlphaFold zeigt nicht nur das ungeheure Potenzial von KI in der Wissenschaft. Es zeigt auch, wofür wir KI wirklich brauchen – um komplexe Probleme zu lösen, die unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigen. Und zwar in allen Bereichen, von der Medizin über Energieversorgung bis zum Klimawandel. Gut möglich, dass schon in wenigen Jahren der erste Nobelpreis an eine KI geht.