«Wir brauchen Menschen mit Persönlichkeit«
Für die internationale Umfrage „Wie verändert KI Wirtschaft und Arbeitswelt? hat die Personalberatung Comites gemeinsam mit der Executive Consulting Firma MagnoliaTree mehr als 100 Top-Führungskräfte, CEOs und CDOS befragt. Mehr dazu in unserer aktuellen Ausgabe sowie bei Comites. Wir sprachen mit Comites–Geschäftsführerin Stephanie Schorp über die Ergebnisse.
human: Welche Ergebnisse aus Ihrer Umfrage fanden Sie am spannendsten?
Stephanie Schorp: Erstens die positivere Sichtweise des Top-Managements auf KI, verglichen mit der des „normalen“ Angestellten in einer operativen Position. Zweitens die Unsicherheit der Unternehmen, wie sie mit KI umgehen sollen, obwohl klar ist, dass Handlungsbedarf besteht. Und drittens, wie man KI erfolgreich in die Organisation integriert, sodass alle Mitarbeitenden effektiv damit arbeiten können.
Liegt die Schwierigkeit, KI in Großunternehmen zu integrieren, auch an der starren Struktur dieser Organisationen?
Absolut. Die Geschwindigkeit der Entwicklung, besonders im Bereich von Technologien wie ChatGPT, zwingt Unternehmen zum Handeln. Es gibt ein klares Bewusstsein dafür, dass Anpassungen notwendig sind, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Große Konzerne tendieren jedoch zu einer besonderen Trägheit, verglichen mit kleineren Unternehmen oder Start-ups. Nötig ist vor allem ein Kulturwandel, der von der Spitze initiiert und gelebt werden muss. Mut zum Risiko, Offenheit für Fehler und die Bereitschaft, auch mal Ressourcen zu investieren, ohne sofort sichtbare Ergebnisse zu erwarten, sind essenziell.
Gibt es auch positive Beispiele?
Ja, es gibt Unternehmen, die zeigen, wie man KI innovativ einsetzen kann, wie etwa Versicherungsunternehmen, von denen man dies nicht unbedingt erwarten würde. Ein solches Beispiel ist die Signal Iduna. Dort sieht man, wie KI genutzt wird, um echten Mehrwert für Kunden zu schaffen. Aber die Herausforderung bleibt, diese Innovationen auf breiter Front umzusetzen. Die richtige Führung ist entscheidend. Sie muss den kulturellen Wandel vorleben, Risiken eingehen und Mitarbeitenden dabei Unterstützung bieten. Es geht darum, eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit zu etablieren, in der jeder sich traut, beizutragen und zu experimentieren.
Welche Eigenschaften halten Sie bei Führungspersönlichkeiten für besonders wertvoll?
Sehr wichtig sind analytische Fähigkeiten und Neugier. Gute Führungspersönlichkeiten sind am Puls der Zeit und umfassend belesen. Was sie eint, ist eine Art kosmopolitische Weltoffenheit. Sie warten nicht auf die Zustimmung jedes Einzelnen, sondern treffen mutige Entscheidungen, mit denen Sie Mitarbeitende empowern. Und sie treten als Menschen auf, nicht als unnahbare Figuren.
Wie findet man solche Leute?
Viele Organisationen konzentrieren sich zu sehr auf Lebensläufe und formale Qualifikationen. Kunden suchen oft nach Bewährtem. Wonach sie aber wirklich suchen sollten, ist innere Haltung: die Überzeugungen, Werte und die Gründe, warum jemand führt. Es ist ein Unterschied, ob jemand wirklich für seine Sache brennt, oder ob es nur um den Gehaltscheck geht.
Wie lässt sich diese Haltung in der Praxis erkennen?
Durch gründliche Gespräche und ein Interviewverfahren, das über den Lebenslauf hinausgeht. Wir versuchen, an die Grundüberzeugungen und Motivationen der Kandidaten zu gelangen. Ziel ist auch immer zu eruieren, ob jemand wirklich die Fähigkeit besitzt, andere für eine Vision zu begeistern.
Es reicht nicht, wenn sich Einzelne als Vorreiter inszenieren…
…absolut nicht! Damit sich wirklich etwas ändert, brauchen wir Menschen mit Persönlichkeit – und viel mehr Diversität. Über dieses Thema wird in Unternehmen zwar viel gesprochen, aber echte Fortschritte sind selten. Echte Diversität beginnt im Denken und erfordert echtes Verständnis und Engagement weit über oberflächliche Maßnahmen hinaus. Es braucht eine Offenheit gerade auch für jüngere Perspektiven und innovative Ansätze, um Veränderungen voranzutreiben und nicht in veralteten Strukturen stecken zu bleiben.
English Version
""We need people with personality""
For the international survey "How is AI changing the economy and the world of work?", HR consultancy Comites and executive consulting firm MagnoliaTree interviewed more than 100 top executives, CEOs and CDOS. Find out more in our current issue and at Comites. We spoke to Comites Managing Director Stephanie Schorp about the results.
human: Which results from your survey did you find the most exciting?
Stephanie Schorp: Firstly, the more positive view of top management on AI compared to that of the "normal" employee in an operational position. Secondly, the uncertainty of companies as to how they should deal with AI, although it is clear that there is a need for action. And thirdly, how to successfully integrate AI into the organization so that all employees can work effectively with it.
Is the difficulty of integrating AI in large companies also due to the rigid structure of these organizations?
Absolutely. The speed of development, especially in the area of technologies such as ChatGPT, is forcing companies to act. There is a clear awareness of the need to adapt in order to remain competitive. However, large corporations tend to be particularly sluggish compared to smaller companies or start-ups. What is needed above all is a cultural change that must be initiated and practiced from the top. The courage to take risks, openness to mistakes and the willingness to invest resources without expecting immediately visible results are essential.
Are there also positive examples?
Yes, there are companies that show how AI can be used innovatively, such as insurance companies that you wouldn't necessarily expect. One such example is Signal Iduna. There you can see how AI is used to create real added value for customers. But the challenge remains to implement these innovations on a broad front. The right leadership is crucial. It must exemplify cultural change, take risks and offer employees support. It's about establishing an atmosphere of trust and openness in which everyone dares to contribute and experiment.
What qualities do you consider particularly valuable in leaders?
Analytical skills and curiosity are very important. Good leaders have their finger on the pulse and are well-read. What unites them is a kind of cosmopolitan openness to the world. They do not wait for the approval of each individual, but make courageous decisions that empower employees. And they act as people, not as unapproachable figures.
How do you find people like that?
Many organizations focus too much on CVs and formal qualifications. Customers often look for the tried and tested. But what they should really be looking for is inner attitude: the beliefs, values and reasons why someone leads. There is a difference between someone who is really passionate about what they do and someone who is just in it for the paycheck.
How can this attitude be recognized in practice?
Through thorough discussions and an interview process that goes beyond the CV. We try to get to the candidates' basic convictions and motivations. The aim is also always to find out whether someone really has the ability to inspire others with a vision.
It is not enough for individuals to present themselves as pioneers...
...absolutely not! For things to really change, we need people with personality - and a lot more diversity. There is a lot of talk about this topic in companies, but real progress is rare. Genuine diversity starts with thinking and requires real understanding and commitment that goes far beyond superficial measures. We need to be open to younger perspectives and innovative approaches in order to drive change and not get stuck in outdated structures. |