human Magazin

 Mit der Wahrheit rechnen!

KI ist längst kein Hype mehr. KI ist überall. Je klarer wird, was die intelligenten Systeme sind oder sehr bald sein werden – immer schneller, perfekter, autonomer - desto gründlicher verstehen wir, was es heißt, ein Mensch zu sein: unperfekt. Verletzlich. Sterblich. Unwissend…

„Unter den Bedingungen des Lebens könnte der Irrtum sein“, schrieb der Philosoph Friedrich Nietzsche im Aphorismus 121 seiner Fröhlichen Wissenschaft (1882). „Das Leben kein Argument“ – so lautet passenderweise der Titel dieses Aphorismus‘.

Nietzsche warnte davor, bestimmte Argumente, Ursache-Wirkung-Beziehungen und Glaubensüberzeugungen als „Wahrheiten“ zu betrachten. Aus seiner Sicht muss alles, was der Mensch als selbstverständliche Gewissheit ansieht, grundsätzlich bezweifelt werden. 

2025 scheint Nietzsches Warnung aktueller denn je. Was ist authentisch, was Fake? Was ist menschlich, was menschenähnliche Simulation? Was ist Wahrheit, was Täuschung? Wir können uns nicht mehr auf den bloßen Augenschein verlassen. Wir müssen ständig damit rechnen, dass das, was wir sehen, hören, lesen, eine Täuschung sein könnte, eine Lüge, ein Marketingtrick.

Aber das reicht längst nicht mehr. Genauso müssen wir damit rechnen, dass etwas tatsächlich wahr sein könnte. Nicht nur, dass es die erste Mondlandung 1968 wirklich gegeben hat. Sondern dass da jetzt, in diesem Moment, ein Mensch vor uns steht, der meint, was er sagt – der seine Versprechen hält. Und dass das auch künftig der Fall sein wird.

Gesundes Misstrauen braucht urmenschliches Vertrauen. Damit Gemeinschaft, Gesellschaft und Demokratie weiterbestehen können.

 „Noch hat der Mensch das letzte Wort“

Künstliche Intelligenz verändert auch den Journalismus. Markus Franz, CTO bei Ippen Digital, über Möglichkeiten und Grenzen der Automatisierung im Zeitungsalltag. 

human: Markus Franz, was genau ist Ihre Rolle bei Ippen Digital?

Markus Franz: Mit über 16 Jahren Erfahrung bei Ippen Digital bin ich derzeit als CTO tätig und leite zusätzlich das Incubator Lab – ein zukunftsorientiertes Innovationszentrum für die Neugestaltung von Publishing, digitalen Plattformen und KI-gestütztem Design. Meine Leidenschaft gilt der digitalen Transformation, adaptiven Arbeitsumgebungen und der Schaffung von Synergien zwischen Mensch und künstlicher Intelligenz. Als überzeugter Vertreter systemischen Denkens betrachte ich Herausforderungen dabei ganzheitlich – im Zusammenspiel von Technologie, Menschen und organisatorischer Dynamik. Basierend auf Erkenntnissen aus der Kognitions- und Neurowissenschaft entwickle ich Lösungen, die moderne Algorithmen nutzen und gleichzeitig berücksichtigen, wie Menschen denken, lernen und zusammenarbeiten.

Was passiert in Ihrem Incubator-Lab? 

Vor etwa eineinhalb Jahren haben wir gemerkt, dass sich besonders im Bereich Künstliche Intelligenz alles extrem schnell entwickelt. Jede Woche gibt es neue Entwicklungen. Um darauf reagieren zu können, haben wir ein strategisches Inkubator-Lab gegründet – das The.Lab. Das »THE» steht für "The Human Experience". Uns geht es darum, herauszufinden, was technologisch wirklich funktioniert, wo noch Hype ist und wo echter Mehrwert entsteht.

Was unterscheidet The.Lab von klassischen Entwicklungsabteilungen?

Wir experimentieren schnell und fokussiert. Wir wollen wissen: Was bringt echten Nutzen im Alltag? Dabei ist unsere Perspektive immer menschzentriert. Auch wenn ich nicht aus der Kognitionswissenschaft komme, nutze ich ihre Erkenntnisse gezielt für die Entwicklung menschzentrierter Systeme. Wer den Menschen nicht versteht, kann keine sinnvollen KI-Systeme bauen. Es geht um soziotechnologische Systeme, nicht nur Software.

Woran arbeiten Sie zur Zeit?

Wir arbeiten intensiv an Voice-Technologie, eingebettet in ein Konzept der "Ambient Intelligence". Ziel ist, dass sich Technologie nahtlos in den Alltag integriert. Sprache wird dabei zur intuitivsten Schnittstelle. Ein Beispiel: Nutzer können per Sprachbefehl Artikel oder KPIs (Leistungskennzahlen) abrufen, ohne sich durch Dashboards klicken zu müssen. Das reduziert die kognitive Belastung deutlich.

Geht es dabei nur um Sprache als Eingabe?

Nein, wir denken das multimodal. Die Systeme ergänzen das Gesagte durch Text, Bilder oder Visualisierungen – also etwa Charts auf dem Smartphone oder Desktop. Das macht Informationen für die Nutzer unmittelbar greifbar. Sprache öffnet das System, und die Antwort kommt im passenden Format zurück.

Arbeiten Sie auch mit Agenten, also autonomen Systemen, die bestimmte Aufgaben übernehmen können? 

Aktuell setzen wir Agenten z. B. im SEO (Suchmaschinenoptimierung) ein. Das ist regelbasiert – und Maschinen sind gut darin, Regeln umzusetzen. Spannend wird es, wenn Agenten selbst Vorschläge machen, etwa zur Textoptimierung basierend auf Nutzerdaten. Im Publishing helfen uns dabei viele KPIs wie Scrolltiefe, Leseabbrüche oder Interaktionen. Diese Daten geben wir als Feedback an die Agenten, ähnlich wie beim Reinforcement Learning.

Können Sie ein Beispiel geben?

Nehmen Sie einen Artikel, bei dem der dritte Absatz hohe Abbruchquoten zeigt. Das System erkennt das und schlägt dem Redakteur vor, den Text umzuschreiben – oder formuliert sogar selbst einen Alternativvorschlag. Das ist "human in the loop": Die Maschine liefert, der Mensch entscheidet.

Wird irgendwann die Maschine allein entscheiden?

Noch hat der Mensch das letzte Wort. Der Agent schlägt vor, aber freigeben muss ein Redakteur. Das ist fest in unserem Prozess verankert. Vollautomatisierung im Publishing – so weit sind wir noch nicht. Und vielleicht ist das auch gut so.

Wie verändert sich die „kognitive Umgebung“ in einem KI-gestützten Publishing-Prozess?

Aus Sicht der Kognitionswissenschaft gilt: Je komplexer ein Prozess, desto wichtiger ist es, die kognitive Last zu reduzieren. Genau das versuchen wir – durch visuelle und sprachliche Interfaces, durch smarte Assistenz. Die Umgebung verändert sich also dahin, dass die KI kontextbezogene Hilfe bietet und damit die Arbeit erleichtert. Es geht nicht darum, alles zu automatisieren, sondern gezielt zu unterstützen, wo es Sinn ergibt.

Sie haben von kognitiver Entlastung gesprochen. Welche Tätigkeiten kann man aus Ihrer Sicht bereits heute sinnvoll an Maschinen übergeben?

Routinetätigkeiten sind prädestiniert dafür – ein einfaches Beispiel ist das Verschlagworten von Inhalten. Das wird sicher deutlich zunehmen. Für mich selbst ist KI mittlerweile eine echte Unterstützung. Ich spreche fast täglich mit einem LLM, lasse Ideen prüfen oder Ansätze challengen. Es ist wie ein persönliches Level-up.

Was bedeutet der zunehmende KI-Einsatz für den Journalismus?

Wir müssen uns ehrlich fragen: Was ist der eigentliche Wert journalistischer Arbeit? Ich glaube, der liegt im Einordnen, in der Nähe zum Bürger, in der Reflexion – das sind zutiefst menschliche Aufgaben. Auch bei investigativer Recherche ist die Maschine ein Werkzeug, aber die abschließende Bewertung bleibt beim Menschen. Das ist es, was wir mit dem „letzten Wort“ meinen.

Was, wenn automatisierte Inhalte irgendwann besser sind als menschlich produzierte?

Das ist eine heikle, aber berechtigte Frage. Wenn KI-Inhalte qualitativ hochwertiger sind – sagen wir informativer, klarer, relevanter –, dann wird sich der Markt sicher daran orientieren. Aber ich glaube, der Unterschied liegt in der persönlichen Note: Wo setze ich als Mensch einen Schwerpunkt? Wie formuliere ich etwas mit Haltung, mit Intuition?

Was sehen Sie als nächsten großen Schritt?

Spannend finde ich aktuell die Entwicklung von Maschinen, die selbstständig forschen. Es gibt bereits Modelle, die Hypothesen aufstelle und Papers schreiben. Besonders interessant wird es, wenn diese Maschinen fächerübergreifend agieren, also zum Beispiel Inhalte aus Medizin, Informatik, Philosophie kombinieren und verständlich zusammenfassen. Das kann Forschung stark voranbringen.

Sehen Sie eine Zukunft, in der die KI als „intelligente Infrastruktur“ allgegenwärtig wird?

Das wäre  wünschenswert – vorausgesetzt, wir gestalten sie offen und zugänglich. Aktuell liegt die Kontrolle über große Modelle bei wenigen Unternehmen. Ich bin ein starker Verfechter von Open Source. Wir brauchen freie, transparente Modelle für die Gesellschaft, damit KI kein exklusives Gut bleibt. Wissen sollte nicht kommerziell versperrt sein.

Alexander Doll ist passiionierter multipler Aufsichtsrat, Senior

Markus Franz ist CTO und Incubator Lab Lead bei Ippen Digital , einer Tochter der Verlagsgruppe Ippen, zu der unter anderem zahlreiche Lokalzeitungen gehören, (Foto: privat)

»Call to Action: Smart Resilience - Partner gesucht«

Friedrich Merz ist zum Bundeskanzler gewählt. Wie wird es weitergehen – mit der neuen Regierung, der Wirtschaft, der Demokratie? Wir von human wollen und können nicht abwarten, wie es weitergehen.

Deshalb arbeiten wir derzeit an einem Whitepaper zum Thema „Smart Resilience“ – für ein starkes Deutschland und Europa. Es geht um das Zusammenspiel von menschlicher und künstlicher Intelligenz. Es geht um technologische Souveränität und echte Transformationsfähigkeit.

Unser Whitepaper bietet eine strategische, multidisziplinäre Perspektive auf die Aufgaben, die vor uns liegen, setzt Impulse, die über sektorale Logiken hinausgehen – und zielt auf einen Call to Action. Gemeinsam mit renommierten Contributors aus Forschung, Wirtschaft und Politik entwickeln wir neue, ungewohnte Strategien und Handlungsoptionen – für Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft.

Zielgruppe: Leader, Top-Executives und Entscheiderinnen in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft

Erscheinungstermin: Juni 2025/ digital

Sprachen: Deutsch und Englisch.

WAS WIR JETZT SUCHEN: Partner, die das Projekt finanziell unterstützen wollen – die Teil einer neuen Avantgarde sein möchten. Das ist kein PR Stunt. Wir suchen keine Agenturen - sondern engagierte Persönlichkeiten und Organisationen, die dieses Projekt als Sponsoren mittragen wollen. Aus Überzeugung.

Wer mitmachen möchte: Let’s talk. Schreiben Sie mir: rebekka.reinhard@human-magazin.de

 

Jetzt im Handel: das neue human Magazin!

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Themenauswahl 01 / 2025

-Titel: Mehr Effizienz? Wie wir KI sinnvoll einsetzen, um mehr Zeit zu sparen

-Trendthema Industrial AI: Auf dem Weg zur autonomen Fabrik der Zukunft

-Leadership: Die Kunst der richtigen Entscheidung 

-Chancengleichheit: Endlich den KI Gender Gap überwinden

-Internationaler Survey: KI-Anwendungen und Use Cases

FEATURE INTERVIEWS: Quantenphysiker und IQM Co-Gründer Jan Goetz // CEO von Klitschko Ventures und #WeAreAllUkranians Tatjana Kiel // Ökonom und Managementtheoretiker Colin Mayer, Oxford // Informatiker und Ndea-Gründer Francois Chollet PLUS KI-und Quantum Art Künstler Roman Lipski

Herzlich,

Ihre Dr. Rebekka Reinhard und Team

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With best wishes –

Rebekka & Team 

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Dr. Rebekka Reinhard
philosophy works GmbH
Westermühlstraße 13 80469 München