Nie mehr abtippen!
KI-Anwendungen im Unternehmen müssen echten Nutzen bringen. Philipp Futterknecht, CEO des Startups H&F Solutions, will mit KI einen der Schmerzpunkte von Organisationen beseitigen - die Verarbeitung von Belegen.
human: Philipp Futterknecht, wie kamen Sie eigentlich zu KI?
Philipp Futterknecht: Nach meinem Master in Produktentwicklung im Maschinen- und Anlagenbau mit Schwerpunkt Informatik habe ich als IT-Berater gearbeitet und mich dann selbstständig gemacht. So lernte ich meine Mitgründer kennen. Wir wollten etwas Eigenes entwickeln und haben begonnen, Cloud-Produkte zu bauen. Dann hat uns der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) eingeladen, an einem Arbeitskreis über Plattformökonomie teilzunehmen, mit vielen Hidden Champions wie Festo, Sick und SEW Eurodrive….
Was ist dann passiert?
Die Unternehmen im Arbeitskreis hatten ein gemeinsames Problem: Es gab zwar zahlreiche Plattformen für Bestellungen und Auftragswesen, aber am Ende mussten Mitarbeiter trotzdem Daten manuell ins ERP-System (Enterprise Ressource Planning) übertragen, was zeitaufwendig und fehleranfällig war. Wir haben eine Lösung entwickelt, die den Datenfluss mithilfe von KI automatisiert.
Belegverarbeitung klingt trivial. Was ist die Herausforderung dabei?
Ein häufiges Problem sind die unterschiedlichen Kundenanforderungen und Dateiformate. Weltweit gibt es rund 1.200 Milliarden Belege, die noch händisch erfasst werden, das ist ein riesiger Schmerzpunkt bei den Unternehmen. Unser System automatisiert die Belegverarbeitung vollständig, sodass keine manuelle Eingabe mehr erforderlich ist. Typische Anwendungen sind der Transfer von Bestellungen, Rechnungen oder Lieferscheinen. Unsere Kunden erreichen damit über 90 Prozent Automatisierung.
Können Sie ein Beispiel geben?
Einer unser Kunden hat in Litauen ein Büro, wo Menschen bislang den ganzen Tag PDF-Daten in SAP-Systeme übertragen haben. Das haben wir soweit automatisiert, dass es jetzt autonom funktioniert.
Was macht Ihr System besonders?
Der große Unterschied ist, dass wir nicht nur Teiltechnologien wie OCR und RPA einsetzen, sondern diese intelligent miteinander kombinieren. Viele Unternehmen hatten bereits eine Teillösung im Einsatz, aber diese waren meistens nicht skalierbar. Mit unserer Lösung verknüpfen wir verschiedene Technologien so, dass sie effizient zusammenarbeiten und End-to-End-Probleme ganzheitlich lösen.
Wie ist das System technisch aufgebaut?
Unser System basiert auf Machine Learning. Wir simulieren menschliches Verständnis, indem wir Daten durchgehen und Wahrscheinlichkeiten berechnen, um beispielsweise Telefonnummern oder Artikelnummern richtig zuzuordnen. Wenn das System unsicher ist, fordert es den Sachbearbeiter auf, zu helfen. Sobald der Mitarbeiter das einmal bestätigt hat, lernt das System dazu und wird beim nächsten Mal besser.
Wie reagiert das System, wenn Daten falsch eingegeben wurden?
Wenn eine Telefonnummer im falschen Feld steht, erkennt unsere KI den Fehler und korrigiert ihn. Bei Unsicherheiten fordert das System den Sachbearbeiter auf, eine Entscheidung zu treffen, damit es weiter lernen kann.
Was passiert mit den Mitarbeitern, die bisher diese Aufgaben erledigt haben?
Unsere Technologie soll nicht Mitarbeiter wegrationalisieren, sondern ihnen die Möglichkeit geben, sich auf kreative Aufgaben zu konzentrieren, anstatt Daten abzutippen.
Wie reagieren die Mitarbeiter darauf?
Anfangs gibt es natürlich immer Skepsis. Aber nach einer Weile, wenn die Mitarbeiter merken, dass das System wirklich funktioniert, wollen sie, dass es komplett automatisch läuft. Sie möchten sich dann lieber auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, anstatt immer wieder dieselben Daten abzutippen.
Was sind die nächsten Schritte für euch?
Wir wollen unser Produkt weiter skalieren. Momentan haben wir rund 17 Pilotkunden und erzielen einen monatlichen Umsatz von etwa 35.000 bis 40.000 Euro. Jetzt wollen wir schnell wachsen und die Millionen-Umsatzmarke knacken. |