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Signal für KI  

Ein Nobelpreis ist immer auch ein Signal, das über die individuelle wissenschaftliche oder kulturelle Leistung hinausgeht. Die Auszeichnung lenkt die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Themen, die als besonders wichtig oder zukunftsweisend wahrgenommen werden. Im Falle der Nobelpreise für den »Deep Learning«-Pionier Geoffrey Hinton (Physik) sowie die »Google DeepMind«-Forscher Demis Hassabis und John Jumper (Chemie) ist die Botschaft klar: Künstliche Intelligenz ist im Herzen der modernen Wissenschaft angekommen. 

Das Signal ist wichtig, gerade in einer Phase des KI-Hypes, in der viele an den hochfliegenden Versprechungen der Tech-Konzerne zu zweifeln beginnen. Die beiden Nobelpreise verleihen der KI-Forschung eine wissenschaftliche Dignität, die auch auf Politik und Gesellschaft aussstrahlt. Dahinter steckt jedoch weit mehr als bloß die Wertschätzung für ein relativ junges Forschungsgebiet. Es ist auch die Anerkennung der Tatsache, dass KI die Wissenschaft selbst verändert. 

Das zeigt sich am deutlichsten am Chemie-Nobelpreis für die KI-gestützte Vorhersage der dreidimensionalen Proteinstruktur, die das Verständnis von Krankheiten revolutionieren könnte. Das »AlphaFold«-Projekt von Google DeepMind hat bereits weit über 200 Millionen solche Strukturen entschlüsseln und damit praktisch alle bekannten Proteine. Menschen wären mit einer derart komplexen Aufgabe natürlich heillos überfordert. 

Das Beispiel AlphaFold zeigt nicht nur das ungeheure Potenzial von KI in der Wissenschaft. Es zeigt auch, wofür wir KI wirklich brauchen – um komplexe Probleme zu lösen, die unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigen. Und zwar in allen Bereichen, von der Medizin über Energieversorgung bis zum Klimawandel. Gut möglich, dass schon in wenigen Jahren der erste Nobelpreis an eine KI geht.            

 Nie mehr abtippen! 

KI-Anwendungen im Unternehmen müssen echten Nutzen bringen. Philipp Futterknecht, CEO des Startups H&F Solutions, will mit KI einen der Schmerzpunkte von Organisationen beseitigen - die Verarbeitung von Belegen.  

human: Philipp Futterknecht, wie kamen Sie eigentlich zu KI?

Philipp Futterknecht: Nach meinem Master in Produktentwicklung im Maschinen- und Anlagenbau mit Schwerpunkt Informatik habe ich als IT-Berater gearbeitet und mich dann selbstständig gemacht. So lernte ich meine Mitgründer kennen. Wir wollten etwas Eigenes entwickeln und haben begonnen, Cloud-Produkte zu bauen. Dann hat uns der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) eingeladen, an einem Arbeitskreis über Plattformökonomie teilzunehmen, mit  vielen Hidden Champions wie Festo, Sick und SEW Eurodrive….

Was ist dann passiert?

Die Unternehmen im Arbeitskreis hatten ein gemeinsames Problem: Es gab zwar zahlreiche Plattformen für Bestellungen und Auftragswesen, aber am Ende mussten Mitarbeiter trotzdem Daten manuell ins ERP-System (Enterprise Ressource Planning) übertragen, was zeitaufwendig und fehleranfällig war. Wir haben eine Lösung entwickelt, die den Datenfluss mithilfe von KI automatisiert.

Belegverarbeitung klingt trivial. Was ist die Herausforderung dabei?

Ein häufiges Problem sind die unterschiedlichen Kundenanforderungen und Dateiformate. Weltweit gibt es rund 1.200 Milliarden Belege, die noch händisch erfasst werden, das ist ein riesiger Schmerzpunkt bei den Unternehmen. Unser System automatisiert die Belegverarbeitung vollständig, sodass keine manuelle Eingabe mehr erforderlich ist. Typische Anwendungen sind der Transfer von Bestellungen, Rechnungen oder Lieferscheinen. Unsere Kunden erreichen damit über 90 Prozent Automatisierung. 

Können Sie ein Beispiel geben?

Einer unser Kunden hat in Litauen ein Büro, wo Menschen bislang den ganzen Tag PDF-Daten in SAP-Systeme übertragen haben. Das haben wir soweit automatisiert, dass es jetzt autonom funktioniert.

Was macht Ihr System besonders?

Der große Unterschied ist, dass wir nicht nur Teiltechnologien wie OCR und RPA einsetzen, sondern diese intelligent miteinander kombinieren. Viele Unternehmen hatten bereits eine Teillösung im Einsatz, aber diese waren meistens nicht skalierbar. Mit unserer Lösung verknüpfen wir verschiedene Technologien so, dass sie effizient zusammenarbeiten und End-to-End-Probleme ganzheitlich lösen.

Wie ist das System technisch aufgebaut? 

Unser System basiert auf Machine Learning. Wir simulieren menschliches Verständnis, indem wir Daten durchgehen und Wahrscheinlichkeiten berechnen, um beispielsweise Telefonnummern oder Artikelnummern richtig zuzuordnen. Wenn das System unsicher ist, fordert es den Sachbearbeiter auf, zu helfen. Sobald der Mitarbeiter das einmal bestätigt hat, lernt das System dazu und wird beim nächsten Mal besser.

Wie reagiert das System, wenn Daten falsch eingegeben wurden?

Wenn eine Telefonnummer im falschen Feld steht, erkennt unsere KI den Fehler und korrigiert ihn. Bei Unsicherheiten fordert das System den Sachbearbeiter auf, eine Entscheidung zu treffen, damit es weiter lernen kann.

Was passiert mit den Mitarbeitern, die bisher diese Aufgaben erledigt haben?

Unsere Technologie soll nicht Mitarbeiter wegrationalisieren, sondern ihnen die Möglichkeit geben, sich auf kreative Aufgaben zu konzentrieren, anstatt Daten abzutippen.

Wie reagieren die Mitarbeiter darauf?

Anfangs gibt es natürlich immer Skepsis. Aber nach einer Weile, wenn die Mitarbeiter merken, dass das System wirklich funktioniert, wollen sie, dass es komplett automatisch läuft. Sie möchten sich dann lieber auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, anstatt immer wieder dieselben Daten abzutippen.

Was sind die nächsten Schritte für euch?

Wir wollen unser Produkt weiter skalieren. Momentan haben wir rund 17 Pilotkunden und erzielen einen monatlichen Umsatz von etwa 35.000 bis 40.000 Euro. Jetzt wollen wir schnell wachsen und die Millionen-Umsatzmarke knacken. 

Alexander Doll ist passiionierter multipler Aufsichtsrat, Senior

Philipp Futterknecht ist CEO und Gründer von H&F Solutions. Sein erstes Unternehmen hat der Experte für autonomen Datenaustausch mit 15 Jahren gegründet. Futterknecht nennt sich selbst einen »Gründer mit Herzblut für Innovation und Leidenschaft für Hochleistungsteams«. Foto: privat

Jenseits von User Preferences

Künstliche Intelligenz ist kein Hype, sondern eine höchst bedeutsame Menschheitstechnologie. Was mich immer wieder fassungslos macht, ist die Diskrepanz zwischen der objektiven Bedeutung von KI und der Uninformiertheit der Öffentlichkeit. 

Aktuell arbeite und experimentierte ich mit Perplexity AI und ChatGPT 4o Canvas. Mehr und mehr wird mir bewusst, dass die - eigentlich urphilosophische – Fähigkeit, glasklare, präzise, kritische Fragen zu stellen, zur ausschlaggebenden Kompetenz der Zukunft werden könnte. Wenn ich google, gebe ich ein Wort ein. Wenn ich „plexe“ , halte ich einen Moment inne – und überlege erst mal, mit welchen Fragestellungen ich das System füttere. 

Ich glaube, wenn wir die Chance nutzen wollen, dass KI uns Orientierung zu den wirklich wichtigen Fragen gibt, dann müssen wir lernen so zu fragen, dass wir andere Antworten erhalten. Nicht die, die nur unseren „User Preferences“ – und damit den kommerziellen Interessen der Anbieter dienen. Sondern diejenigen Antworten, die uns helfen, unseren Vorstellungen von einem guten Leben näher zu kommen.

Was der Verhaltenspsychologe und Marketing-Professor Stefano Puntoni  in diesem Kontext menschliche „Präferenzen über Präferenzen“ nennt, das heißt beim amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt "Wünsche zweiter Ordnung": Das, was wir selbst wollen wollen. Anders gesagt: Was wir wirklich wollen. Und das ist ein gutes, gelungenes, sinnvolles Leben – nicht irgendein Bullshit, der unser Hirn, unsere Beziehungen oder die Umwelt verpestet.

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Herzlich,

Ihre Dr. Rebekka Reinhard und Team

Dear non-German-speaking readers, you can now order the English e-paper version of human online at our shop or via Readly.We wish you an exciting, enlightening, and surprising read!

With best wishes –

Rebekka & Team 

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